Pressemitteilung -
„Aus Irritation wird somit Inspiration!“| Projekt Dialogue startet an der Universität Vechta und nimmt internationalisierte Lehrkräftebildung für Vielfalt im Klassenzimmer in den Fokus
Sie zählt wohl zu einer der aktuell größten Herausforderung für Lehrkräfte; und bringt gleichzeitig beträchtliche Chancen für unsere Demokratie und den europäischen Gedanken mit sich: Vielfalt im Klassenzimmer. Kinder mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen, Fähigkeiten, Religionen und Herkünften kommen hier zusammen. Lehrerinnen und Lehrer stehen vor der Aufgabe, die Kinder bestmöglich bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Das Handwerkszeug bekommen die Lehrkräfte unter anderem während ihres Studiums an die Hand. In einem neuen Projekt arbeiten Wissenschaftler*innen an der Universität Vechta nun fünf Jahre in Kooperation mit der Freien Universität Bozen (Italien), der University of Tallinn (Estland), der Karl-Franzens-Universität Graz (Österreich) und der University of Prishtina (Kosovo) daran, die Lehrkräftebildung weiter zu internationalisieren und somit angehenden Lehrkräften mehr Fähigkeiten im Umgang mit Vielfalt im Klassenzimmer anzubieten. „DIALOGUE – Development of International Learning Opportunities for Greater Understanding in Teacher Education“ heißt es und wird mit rund 600.000 Euro vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Während einer Eröffnungsveranstaltung des Projekts haben Lehrkräfte, Politikerinnen, Lehramtsstudierende und Wissenschaftlerinnen zum Thema auf dem Podium diskutiert.
Sie sei traurig, dass der Begriff der Migration in Deutschland zu einem Reizwort geworden sei, meint Silke Dormichian. Wenn Kinder sich selbst und auch andere wertschätzen, würde das Lernen um vieles leichter fallen, so die Lehrerin der Christophorus-Grundschule Lüsche. Andersartigkeit als Bereicherung zu verstehen und somit Zusammenhalt und Respekt zu fördern, aber auch das demokratische Aushandeln und entsprechende Kompromisse im Sinne einer europäischen Gemeinschaft zu begreifen, stehen dabei im Fokus. Genau diese Emotionen und Gedanken zu verstehen, sei für Lehrkräfte essentiell, unterstreicht Prof.in Dr.in Frederike Bartels, welche zusammen mit Kolleg*innen das DIALOGUE-Projekt an die Universität Vechta geholt hat. Für Lehrkräfte gelte es, selbst Erfahrungen der Andersartigkeit zu machen. „Aus Irritation wird somit Inspiration!“. Und das gelinge am besten, wenn man seine Komfortzone verlasse und beispielsweise einige Zeit im Ausland studiere, so die Professorin. Diese Erfahrungen hat auch Franziska Wieborg gemacht. Während ihres kürzlich abgeschlossenen Masterstudiums habe sie ein Semester in Estland verbringen und Erfahrungen sammeln können – ermöglicht durch das Vorgängerprojekt von DIALOGUE - MAPS. Durch eine Erasmusförderung habe sie glücklicherweise noch länger vor Ort bleiben können. Das Einzige worüber sie sich in diesem Kontext ärgere, sei die Tatsache, dass sie die Möglichkeiten nicht schon im Bachelor-Studium genutzt habe. An der Universität Vechta gibt es für Studierende schließlich im Vergleich zu anderen Institutionen viele Möglichkeiten und auch sehr gute Chancen mit einer Förderung ins Ausland zu kommen.
Die Wichtigkeit solcher weichen Fähigkeiten – die es neben dem Fachwissen zu lernen gelte – können schon Zahlen aus Vechta zeigen. Rund 19 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Vechta hätten keine deutsche Staatszugehörigkeit – mehr noch hätten einen Migrationshintergrund, führt die erste Stadträtin und Leiterin des Fachbereichs I Sandra Sollmann aus. Eine funktioniere Stadtgesellschaft sollte sich als Gemeinschaft begreifen. Dabei müsse hier, aber auch in Schule und Kindergarten, „die Mischung stimmen“. Unter anderem deswegen habe die Stadt auch die Schulbezirke angepasst. Das Land Niedersachsen habe den Auftrag, die Lehrkräftebildung voranzubringen, sagt Heike Bickmann vom niedersächsischen Kultusministerium. Erst durch den Besuch von anderen Ländern könne sich der eigene Blickwinkel ändern. Deswegen fördere das niedersächsische Kultusministerium auch gezielt Mobilitäten. Doch genau in diesem Themenfeld gelte es noch ein paar Herausforderungen zu überwinden, meint Bartels. Das Angebot für Lehramtsstudierende ins Ausland zu gehen, sei unter anderem durch das DIALOGUE-Projekt und die Arbeit des International Office an der Universität Vechta gegeben. Doch die Nachfrage von Lehramtsstudierenden sei oftmals nicht sehr hoch. Dementsprechend müssten die Vorteile immer wieder herausgestellt werden, welche es mit sich bringt, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich auf andere Kulturen und Gewohnheiten einzulassen.
Auf neue Gegebenheiten hat sich auch nun Prof.in Dr.in Frederike Bartels eingelassen. Sie wechselte vor kurzem von der Universität Vechta an die Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg. Vizepräsidentin Dr.in Marion Rieken ist sich sicher, dass genau solche Projekte wie DIALOGUE gelungene Umsetzungen des Profils der Universität Vechta sind: „Einen ganz herzlichen Dank an Sie, Frau Bartels!“.
Mehr Infos zum Projekt DIALOGUE: https://www.uni-vechta.de/dialogue
Das Podium (v.l.): Grundschulleiterin Silke Dormichian, Stadträtin Sandra Sollmann, Heike Bickmann vom niedersächsischen Kultusministerium, Moderator Timo Fuchs, Prof.in Dr.in Frederieke Bartels und Alumna Franziska Wieborg
Vizepräsidentin Dr.in Marion Rieken dankt und verabschiedet Prof.in Dr.in Frederieke Bartels.