Pressemitteilung -
Biosicherheit als Schlüssel für Tiergesundheit | 735 Teilnehmende bei Online-Vorstellung der Risikoampel Rind:
Die Rückkehr der Maul- und Klauenseuche (MKS) nach Europa und der aktuelle Ausbruch in Brandenburg im Januar 2025 haben deutlich gemacht, wie rasch sich Tierseuchen verbreiten können – mit schwerwiegenden Folgen für Tierwohl, Wirtschaft und Gesellschaft. In Ungarn und der Slowakei waren zuletzt mehrere tausend Rinder betroffen, auch Deutschland steht erneut unter Druck.
Vor diesem Hintergrund fand am 4. April 2025 die bundesweite Online-Veranstaltung „MKS & Co.: Vorsorgen ist besser als Räumen!“ statt. Über 735 Teilnehmende aus Praxis, Wissenschaft, Verwaltung und Beratung informierten sich über die neue „Risikoampel Rind“ – ein innovatives Online-Tool zur betriebsspezifischen Bewertung und Optimierung von Biosicherheitsmaßnahmen.
Dr. Barbara Grabkowsky, wissenschaftliche Leiterin von trafo:agrar, eröffnete die Veranstaltung und führte zur Bedeutung von sektorübergreifenden Vorsorge aus:
„Tierseuchen kennen keine Grenzen – weder geographisch noch systemisch. Sie betreffen die gesamte Wertschöpfungskette gleichermaßen und erfordern ein kooperatives, sektorenübergreifendes und strategisches Vorgehen. Die Risikoampel Rind soll landwirtschaftliche Betriebe dabei unterstützen, Eigenverantwortung zu übernehmen, Schwachstellen zu erkennen und konkrete Maßnahmen zur Prävention abzuleiten – auf betrieblicher, rechtlicher und struktureller Ebene.“
Live-Stream zum Nachschauen:
Neben der Vorstellung der Risikoampel bot das Programm der Online-Veranstaltung ein breites fachliches Spektrum:
- Prof. Dr. Carola Sauter-Louis vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Leiterin des Instituts für Epidemiologie, gab einen aktuellen Überblick über das MKS-Geschehen in Deutschland und Europa und zeigte auf, welche Risiken in der aktuellen Seuchendynamik bestehen.
„Die jüngsten MKS-Ausbrüche in Europa, insbesondere in Ungarn und der Slowakei, verdeutlichen die komplexen Übertragungswege des Virus. Frühzeitiges Erkennen potentieller Schwachstellen und betrieblich verankerte Biosicherheitsstrategien sind zentrale Bausteine zum Schutz der Tierbestände und zur Eindämmung wirtschaftlicher Folgeschäden.“ - Prof. Dr. Karsten Donat, Geschäftsführer des Tiergesundheitsdienstes der Thüringer Tierseuchenkasse, beleuchtete kritisch die Schwierigkeiten bei der Umsetzung wirksamer Biosicherheitsmaßnahmen in der Rinderhaltung und betonte den Bedarf an unterstützenden Instrumenten, um Lücken in den Praxisbetrieben systematisch zu identifizieren.
„In der durch Weidehaltung, offene Systeme und regelmäßigen professionellen Besucherverkehr geprägten Rinderhaltung kommt es in besonderer Weise auf die betriebsindividuelle Bewertung der Risiken an, um ein auf den Betrieb zugeschnittenes Biosicherheitskonzept zu entwickeln. Dafür kann die Risikoampel sehr hilfreich sein.“ - Dr. Susanne Eisenberg, stellvertretende Geschäftsführerin der Niedersächsischen Tierseuchenkasse, stellte das niedersächsische Biosicherheitskonzept vor und erklärte, wie dieses im Kontext des EU-Tiergesundheitsrechts (AHL) umgesetzt wird –und wie die Risikoampel dabei eine wichtige Ergänzung bietet. „Das Niedersächsische Biosicherheitskonzept bietet Tierhaltern eine praxisnahe Arbeitshilfe, um den Anforderungen des EU-Tiergesundheitsrechts gerecht zu werden. Es ermöglicht die Erstellung betriebsindividueller Biosicherheitspläne, die nicht nur der Prävention von Tierseuchen dienen, sondern auch die Grundlage für Entschädigungsleistungen im Seuchenfall bilden. Die Risikoampel Rind ergänzt dieses Konzept ideal, indem sie eine strukturierte Bewertung und Optimierung der Biosicherheitsmaßnahmen auf Betriebsebene ermöglicht.“
- Dr. Barbara Grabkowsky, Leiterin der wissenschaftlichen Koordinierungsstelle trafo:agrar an der Universität Vechta, stellte die Konzeption und Funktionsweise der Risikoampel Rind vor – vom Aufbau der Delphi-Studie über die Struktur des Tools bis hin zur Anwendung auf dem Betrieb. „Seuchenprävention ist angewandter Tierschutz“.
- Prof. Dr. Franz Josef Conraths, Vizepräsident a.D. des Friedrich-Loeffler-Instituts, führte als Moderator durch die Veranstaltung und ordnete die Beiträge fachlich ein. Er unterstrich in seinem Resümee die Bedeutung eines ganzheitlichen, mehrstufigen Präventionsansatzes, der verschiedene Maßnahmen intelligent kombiniert. „Wir müssen uns davon verabschieden, dass nur eine Maßnahme gegen MKS & Co. hilft. Es ist ein Mix aus kontinuierlich aufrechterhaltenen Maßnahmen, der Betriebe dauerhaft schützen kann. Die Veranstaltung hat gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach ganzheitlicher, umsetzbarer Prävention ist – und wie wichtig Zusammenarbeit über alle Ebenen hinweg bleibt.“
Ein Vorsorgeinstrument zur betriebsindividuellen Vorsorge
Die Risikoampel Rind ist ein kostenfreies, anonymes Online-Tool, das auf Grundlage von über 100 Fragen eine strukturierte Risikobewertung in Rinderhaltungsbetrieben ermöglicht. Sie basiert auf einer bundesweiten Delphi-Befragung mit 43 Fachleuten und ist ab sofort verfügbar unter: https://risikoampel.uni-vechta.de
Kontakt für Rückfragen & Materialien
Projektkoordination:
Doris Schröder
doris.schroeder@uni-vechta.de
Wissenschaftliche Leitung:
Dr. Barbara Grabkowsky
barbara.grabkowsky@uni-vechta.de
trafo:agrar | Universität Vechta