Pressemitteilung -
Streaming macht die Welle. Wie steht es um die deutsche VOD-Branche?
- 30. Tasting Talk am 08. September 2023 über die Streamingbranche
- Dr. Florian Kerkau: Streaming wird für den Nutzer teurer werden. Entweder durch Preiserhöhung, weniger Inhalte oder das zuschalten von Werbung.
Der TV-Markt bewegt sich seit Jahrzehnten in Wellen und bringt generationsweise neue Sender hervor. Erst die öffentlich-rechtlichen, dann die großen Privaten, dann folgten immer mehr Special Interest Channels. Eine ähnliche Bewegung lässt sich nun auch bei den Streamingdiensten erkennen. Schon lange nicht mehr wird der Markt nur von den großen Amazons und Netflix‘ beackert – auch in den Nutzungsgewohnheiten ist Bewegung drin.
Im 30. Tasting Talk mit dem Titel „Streaming macht die Welle“ präsentierte Dr. Florian Kerkau (Geschäftsführer, Goldmedia) exklusive Zahlen und Daten zur aktuellen Lage des Streamingmarktes. Aufgrund der Menge an relevanten Informationen und der Idee, möglichst viele Zuschauerfragen direkt live zu beantworten, wurde in dieser Ausgabe auf die Expertendiskussion verzichtet und dafür im Anschluss an den Vortrag eine ausgiebige Q&A-Session mit dem Publikum veranstaltet.
Zum Einstieg in den Vortrag stellte Kerkau das sogenannte Generationenmodell der Streamingdienste vor. Dabei betreten neue Streamingdienste meist in „Wellen“ den Markt. Die Platzhirsche Netflix und Amazon Prime Video bilden die 1. Generation, gefolgt von Anbietern wie Joyn, RTL+, DAZN und Disney+, die als 2. Generation bezeichnet werden. Aktuell bildet sich die 3. Generation von Streamingdiensten aus und bringt Player wie Amazon freevee oder Paramount+ hervor. Ergänzt wird das Modell um die Angebote der öffentlich-rechtlichen Dienste von ARD und ZDF. Kerkau stellte im Anschluss kurz die Parallelität zum deutschen TV-Markt her – auch hier betraten und betreten neue Sender in erkennbaren Wellen oder Generationen den Markt.
Dass die beiden Märkte für Streaming und TV auch wissenschaftlich betrachtet große Ähnlichkeiten haben, machte Kerkau anhand der Korrelation von Marktanteilen und Gründungsjahren deutlich. „Bei den bestehenden Anbietern ist es so, dass der First Mover die besseren Chancen hat und den größeren Marktanteil abräumt.“, so Kerkau.
Doch auch das altbekannte und teilweise inflationär genutzte Sprichwort „Content is King“ scheint laut den Daten von Goldmedia weiterhin seine Berechtigung zu haben. Kerkau erklärt eine starke Korrelation zwischen den Genres, die insgesamt am beliebtesten sind und denen, die die verschiedenen Streamingdienste im Angebot haben. Dabei fällt auf, dass die Inhalte der „First Mover“ Netflix und Amazon Prime Video sehr stark (r=0.84) mit den beliebtesten Genres korrelieren. Anbieter der 2. Generation (exemplarisch gemessen an RTL+, Joyn und Disney+) kommen hier nur auf einen Wert von r=0.58. „Die nachfolgenden Generationen [von Streamingdiensten] bieten nicht mehr einen so vollumfänglichen Katalog an wie die Anbieter der 1. Generation. Das ist insofern logisch, weil neue Anbieter vermehrt auf Nischen und spezielle Themen setzen, wie Disney bspw. auf Familie.“, erklärt Kerkau.
Im Anschluss präsentierte Kerkau aktuelle Zahlen zu Werbespendings, Catalogue Freshness und Produktions-Investitionen der Streamingdienste. Rund 15% Kostensteigerung erwartet die Produzentenallianz aufgrund der anhaltend hohen Inflation. Wie groß der Kostendruck in der Branche ist, verdeutlicht Kerkau mit der Gewinn/Verlust-Übersicht der relevanten VOD Services. Demnach wird im Zeitraum Q1-Q3/2022 lediglich Netflix ein Gewinn von rund 5 Mrd. USD zugeschrieben. Alle anderen genannten Dienste fahren Verluste ein. Netflix schiebt allerdings noch immer einen Schuldenberg von 17 Mrd. USD vor sich her. Auch auf der Kundenseite ist vermehrt Preisdruck zu spüren. Anhand des sogenannten „Churn Risk“ erklärt Kerkau die Bereitschaft der User, ihr VOD-Abonnement im Folgemonat zu kündigen. Wenig überraschend stieg diese Rate enorm an, als der Krieg in der Ukraine und damit auch die hohe Inflation begann.
Zum Ende seiner Präsentation stellte Kerkau 6 Thesen über die Zukunft von Streaming auf:
- Die Platzhirsche Amazon Prime Video und Netflix werden noch lange Zeit die „top dogs“ bleiben.
- Streaming wird für den Nutzer teurer werden. Entweder durch Preiserhöhung, weniger Inhalte oder das zuschalten von Werbung.
- Anbieter der 2. Und 3. Generation müssen flexibler in ihrer Distribution werden.
- In den nächsten 3-5 Jahren wird eine gewisse Marktkonsolidierung stattfinden.
- Werbung wird immer wichtiger werden.
- Künstliche Intelligenz wird die Kosten für die Content-Produktion reduzieren.
Die Genussempfehlung im 30. Tasting Talk wurde wie gewohnt vom Host Florian Leiber vorgestellt. Der 2021 Gimmeldingen – Riesling vom Weingut Peter Stolleis in Neustadt an der Weinstraße gewann im renommierten Wettbewerb „Best of Riesling“ des Meininger Verlags den 1. Preis und bot sich hervorragend an, die neue Tasting Talks Saison zu eröffnen.
Die Aufzeichnung des 30. Tasting Talks finden Sie hier auf Abruf:Links
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