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Bild: RUHE Unternehmensgruppe
Bild: RUHE Unternehmensgruppe

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Erste Bio-LNG-Anlage in Brandenburg

In Parmen in der Uckermark realisiert die RUHE Unternehmensgruppe ihre zweite Produktionsanlage für nachhaltiges Bio-LNG. Die Anlage wird eine Kapazität von 7,5 Tonnen pro Tag haben und im November in Betrieb gehen. Mit dem Kraftstoff aus lokaler Produktion soll bald die Region rund um den Standort versorgt werden. Im vergangenen Jahr hatte RUHE die deutschlandweit erste Kompaktanlage in Darchau bei Lüneburg gestartet, die täglich bis zu 2,5 Tonnen klimaneutralen Kraftstoff für LKW und Traktoren herstellt. In 2024 will die RUHE Gruppe, die ihre Aktivitäten von der Zentrale im niedersächsischen Lüsche aus steuert, weitere acht Anlagen mit einer Gesamtkapazität von mehr als 60 Tonnen Bio-LNG pro Tag an Kundenstandorten und eigenen Standorten der Gruppe umsetzen. Das Modell kann durch seine kompakte Bauart zum Vorbild für viele Agrarbetriebe in Deutschland und Europa werden.

Bislang haben landwirtschaftliche Betriebe Biogas meist zur Stromerzeugung genutzt. Die neue Anlage in Parmen wird, so wie ihr Schwester-Standort in Darchau, stattdessen anteilig Bio-LNG („Bio Liquefied Natural Gas“) produzieren. Mit dem grünen Treibstoff können LKW, Traktoren, Schiffe und Busse klimafreundlich angetrieben werden. Der Biokraftstoff aus landwirtschaftlichen Reststoffen kann für viele Landwirte ein neues Geschäftsmodell darstellen. „Als RUHE Unternehmensgruppe setzen wir für die Zukunft auf Nachhaltigkeit und regionale Energiekonzepte aus der Landwirtschaft. Ein entscheidender Baustein dafür ist die Produktion von Bio-LNG, da wir damit unseren Beitrag zu einer regionalen Kreislaufwirtschaft weiter ausbauen“, so Thomas Rolfes, Geschäftsführer der RUHE Unternehmensgruppe.

Negative CO2-Bilanz von Treibstoff aus Bio-LNG

Die Zertifizierung der drei beteiligten Biogasanlagen in Parmen nach den Kriterien des REDCert EU-Systems hat RUHE bereits abgeschlossen. Über das Tankstellennetz eines Partnerunternehmens soll das Bio-LNG in einem regionalen Umkreis in den deutschen Verkehr gebracht werden. Eine Teilmenge will der Unternehmensbereich RUHE Agrar, der sich innerhalb der Gruppe auf das Management von landwirtschaftlichen Betrieben sowie von Biogasanlagen konzentriert, zum Betrieb eigener Fahrzeuge nutzen. Technisch entsprechend ausgestattete LKW wurden bereits angeschafft bzw. umgerüstet.

Unternehmensgründer und Gesellschafter Kunibert Ruhe will mit der zweiten Modellanlage ein weiteres starkes Zeichen für die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs setzen. „Mit dem phasenübergreifenden Zukunftskonzept für Biogas können wir die Verkehrswende aktiv mitgestalten“, so Ruhe. „Wir wollen der Branche mit unserer Initiative auch den dringenden Rückenwind für lokal produzierte, dezentrale und erneuerbare Energien geben. Mit diesem Projekt wird erstmalig in Deutschland über ein eigenes Mikrogasnetz zur Verknüpfung von mehreren Biogasanlagen dezentral Bio-LNG produziert. Dies ist ein weiterer Meilenstein für die Biogasbranche“, so Ruhe. Die Aufbereitung und Verflüssigung am Standort in Parmen wird über ein Mikrogasnetz von acht Kilometern zwischen den Biogasanlagen in Fürstenhagen und Parmen und von rund sechs Kilometern zwischen den Biogasanlagen Fürstenwerder und Parmen mit zusätzlichem Rohgas versorgt.

Der Clou an der Veredelung von Biogas: Die CO2-Bilanz der Nutzung von Bio-LNG als Treibstoff fällt negativ aus, wenn Abfallprodukte wie Gülle und Mist aus Betrieben in der Region für die Herstellung eingesetzt werden. Durch die Nutzung des beim Gärprozess freiwerdenden Methans wird verhindert, dass dieses in die Atmosphäre gelangt. Die Energiedichte von Bio-LNG ist hoch – ein Kilogramm Bio-LNG enthält etwa 1,4-mal mehr Energie als ein Liter Diesel. Der fortschrittliche Kraftstoff hat das Potenzial, eine jährliche Menge von ca. 3,8 Millionen Litern Dieseltreibstoff zu ersetzen und damit rund 27.000 Tonnen CO2äq einzusparen.

Forderung: Politik muss Potenzial von Bio-LNG freisetzen

Bisher bläst der Wind allerdings eher von vorn: Zu Jahresbeginn 2023 hatten große Importmengen mutmaßlich falsch titulierter Biokraftstoffe aus Asien den heimischen Biokraftstoffmarkt auf den Kopf gestellt und für Verunsicherung gesorgt. Deshalb erwartet Maximilian Ruhe, Geschäftsführer der Ruhe Biogas Service GmbH, jetzt von der Politik Unterstützung für den Aufbau einer nachhaltigen Bio-LNG-Produktion „made in Germany“. „Wir brauchen eine gesetzliche Steuerung, welche mutmaßliche Betrugsfälle im Biokraftstoffmarkt schnell aufklärt und Akteuren Vertrauen und Planbarkeit gibt. Dazu gehört neben Entscheidungsgeschwindigkeit auch ein klares Bekenntnis zur doppelten Anrechnung fortschrittlicher Biokraftstoffe sowie die Verlängerung der Treibhausgasminderungsziele bis 2040, um das Potenzial von grünem Treibstoff aus Biogas zu heben.“ Bislang werde Bio-LNG zudem von der Energiesteuer genauso wie LNG aus fossiler Erdgasförderung im Ausland behandelt. Hier solle zwischen nachhaltigem und fossilem Kraftstoff differenziert werden.

Die Nachhaltigkeitseigenschaften von Bio-LNG werden ebenso wenig bei der Erhebung der Maut-Tarife berücksichtigt. LKW machen sechs Prozent aller Fahrzeuge auf deutschen Straßen aus und verursachen 30 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes. Die Politik legt für deren Dekarbonisierung den Fokus bisher allein auf Elektromobilität und Wasserstoff. „Wir brauchen hier mehr Technologieoffenheit“, fordert Maximilian Ruhe. Konkret führt er die Mauterhebung an, wo nach aktuellem Verhandlungsstand das „Tank-to-Wheel“-Prinzip gelten soll, welches nur die Emissionen während des Fahrzeugbetriebs einrechnet. Mit einem gesetzlich verankerten „Well-to-Wheel“-Ansatz würde stattdessen der gesamte Lebenszyklus des Kraftstoffs zugrunde gelegt werden, sodass auch die nachhaltige Produktion des Kraftstoffs wie bei Bio-LNG in die Bewertung einfließt. „Bei der vollständigen Verarbeitung des in Deutschland anfallenden Wirtschaftsdüngers zur Bio-LNG Produktion kann mehr als 35 % des Schwerlastverkehrs mit Kraftstoff versorgt werden. Durch das enorme Treibhausgasminderungspotenzial wäre dadurch der gesamte Schwerlastverkehr klimaneutral und somit 30 % des gesamten deutschen CO2-Ausstoßes reduziert“, betont der Biogas-Experte.

Auch für Dr. Timm Kehler, Vorstand Zukunft Gas, stellt die Transformation zur Klimaneutralität bei schweren Nutzfahrzeugen eine große Herausforderung dar. Er fordert ein Umdenken der Politik: Bio-CNG und Bio-LNG leisten bereits heute einen erheblichen Beitrag zur Reduktion verkehrsbedingter CO2-Emissionen. Im Gegensatz zu anderen Technologien ist die Antriebstechnik bereits ausgereift und bezahlbar und kann damit sofort CO2-Einsparungen generieren. Leider werden die enormen Bemühungen von Biogasproduzenten, den Anteil des klimaneutralen Kraftstoffs aus Abfall- und Reststoffen weiter zu erhöhen, von der Politik bis dato nicht honoriert. Wir fordern deshalb die Einführung eines „Carbon-Correction-Factors“, mit dem Klimaschutz im Güterverkehr kurzfristig beschleunigt werden könnte. Außerdem wird es Zeit, dass die Bundesregierung Bio-CNG und Bio-LNG als wirkungsvollen Beitrag zur Minderung von CO2 im Schwerlastverkehr anerkennt und Investitionen in Biogasanlagen unterstützt.“

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Selina Stolzenbach

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