Blog-Eintrag -
Bällende Hunde - Ein Roadtrip der besonderen Art
Wer sich auf eine Reise begibt, kehrt oft nicht nur verändert zurück, sondern auch mit einer Fülle an Geschichten. Genau das geschieht in Luca Marias Debütroman „Bällende Hunde“. Ein Roadtrip, der nicht nur durch das Land, sondern auch durch die Seelen der Protagonisten führt, entfaltet sich vor den Augen des Lesers.
Theo, ein erfolgloser 25-jähriger Philosophie-Student, ist dabei sein Leben zu verpatzen. Sein Bruder Luis ist verstorben und hinterlässt ein Erbe, das an eine Bedingung geknüpft ist: Theo muss einen einwöchigen Roadtrip mit Jacob, einem jungen Prediger und Glaubensbruder von Luis, unternehmen. Widerwillig stimmt Theo zu, und so beginnt eine Reise, die ihn auf eine Weise verändert, mit der er nicht gerechnet hat.
Der Klappentext verspricht eine Geschichte über Freundschaft, Toleranz und die Kraft der Vergebung, und tatsächlich, der Roman liefert genau das. Luca Maria erzählt humorvoll und flüssig, mit einem lakonischen Ton, der den Leser vom ersten Moment mitnimmt. Die Reise durch die Republik wird zu einer Metapher für Theos innere Reise, während er mit Jacob durch die Lande zieht und dabei auf eine Vielzahl skurriler und witziger Situationen stößt.
Die Charaktere sind treffend gezeichnet, besonders die Kontraste zwischen dem pragmatischen Atheisten Theo und dem überzeugten Prediger Jacob. Ihre Gespräche und Auseinandersetzungen werfen tiefgründige Fragen auf, die den Leser zum Nachdenken anregen. Dabei bleibt der Roman nie oberflächlich, sondern schafft es, durch die humorvollen Episoden stets eine ernsthafte Note zu bewahren.
Besonders eindrucksvoll sind die Szenen, in denen die beiden Protagonisten auf die „Brüder und Schwestern“ treffen, die Jacob auf seiner Spendentour kennenlernt. Diese Begegnungen sind oft absurd und überzeichnet, wie zum Beispiel die Begegnung mit einer Bikergang, die den Leser zum Schmunzeln bringt, aber auch Action in die Geschichte bringt. Der Autor versteht es, die Balance zwischen Witz und Ernst zu halten, und zeigt, dass das Leben oft komplexer ist, als es auf den ersten Blick erscheint.
Die Reise in der alten Schrottkarre, liebevoll „Onkel Herbert“ genannt, wird zur Bühne für eine Vielzahl von Erlebnissen, die das Band zwischen Theo und Jacob stärken. Der Roman ist eine Hommage an die Kunst des Verzeihens und des Verstehens, und an die Freundschaft, die über alle Unterschiede hinwegwachsen kann. Das erinnert an die deutsche Filmkomödie „25 km/h“ von 2018, aber auch stark an „Tschick“, den Entwicklungsroman des verstorbenen Wolfgang Herrndorf.
Beide Romane nutzen das Roadtrip-Motiv als literarisches Mittel zur Charakterentwicklung, jedoch mit unterschiedlichen Ausgangssituationen. Während in "Tschick" zwei 14-jährige Außenseiter in einem gestohlenen Lada durch Ostdeutschland fahren, begeben sich in "Bällende Hunde" ein 25-jähriger Philosophiestudent und ein junger Prediger auf eine erzwungene gemeinsame Reise. In beiden Fällen treffen die Protagonisten auf skurrile Charaktere und erleben unerwartete Abenteuer.
"Tschick" fokussiert sich dabei stark auf die Coming-of-Age-Thematik und die erste Liebe, während "Bällende Hunde" eher existenzielle und religiöse Fragen aufwirft. Beide Werke verbindet jedoch die zentrale Botschaft von Toleranz und der Überwindung von Vorurteilen. In "Tschick" lernen die Protagonisten, dass die Welt besser ist als ihr Ruf, ähnlich wie Theo in "Bällende Hunde" seine Vorurteile gegenüber dem religiösen Jacob überdenken muss. Tatsächlich findet sich im Text auch ein klarer Hinweis auf “Tschick” in Form einer kurzen Begegnung mit zwei Halbwüchsigen, die auf dem Weg in die Walachei sind.
Luca Maria, 1996 in Göttingen geboren und mittlerweile in Bochum lebend, hat mit „Bällende Hunde“ einen bemerkenswerten Debütroman geschaffen. Er beweist, dass er nicht nur ein Händchen für witzige Dialoge hat, sondern auch für tiefgründige Reflexionen. Die Idee, einen Roadtrip mit einem so ungleichen Paar wie Theo und Jacob zu verbinden, zeigt seinen Einfallsreichtum und seine Fähigkeit, komplexe menschliche Beziehungen darzustellen.
Er beleuchtet die oft unterschätzte Kraft der Toleranz und Freundschaft und zeigt, wie wichtig es ist, offen für andere Perspektiven zu sein. „Bällende Hunde“ ist ein Buch, das man nicht nur einmal, sondern zweimal lesen möchte, um all die kleinen Nuancen und den Humor, der in den Zeilen steckt, voll auszuschöpfen.