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ECHO 2018 I Der Skandal um Farid Bang & Kollegah

Am vergangenen Donnerstag fand in Berlin die 27. ECHO-Verleihung statt, bei der die Rapper Kollegah und Farid Bang für ihr Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ ausgezeichnet wurden, das aufgrund seiner antisemitischen Inhalte kritisiert wird. So enthält es u. a. Textzeilen, wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow“.

Noch vor der Auszeichnung, die zudem auch noch am israelischen Holocaust-Gedenktag #YomHashoah stattfand, kam es zum Eklat als Die Toten Hosen Frontmann Campino sich deutlich gegen frauenverachtende, homophobe, rechtsextreme, antisemitische Beleidigungen aussprach, da durch diese eine Grenze überschritten sei. Doch warum ist es Alt-Rocker Campino, der während der Veranstaltung als einziger den Mund auf macht? Viele vermissten den Aufstand der Jugend, so z. B. von anderen Echo-Preisträgern wie Wincent Weiss oder anwesenden Gästen, wie den Lochis oder Youtuberin Daggi B. Weiß die Jugend vielleicht gar nicht mehr was antisemitisch ist?

Bei der Beobachtung der rund 23 Tsd. Social Media Beiträge zum Thema (Zeitraum 12.04.-17.04.2018) lässt sich feststellen, dass fast zwei Drittel aller Beiträge (ca. 65%) von männlichen Nutzern gepostet werden. Darüber hinaus lässt sich beim Blick auf das Sentiment der Posts, unter Berücksichtigung des Alters der Nutzer, ein Trend erkennen, nach dem Nutzer mit zunehmendem Alter der Thematik kritischer gegenüberstehen. Während in der Altersgruppe der 13- bis 17-jährigen doppelt so viele positiv gestimmte Beiträge festgestellt werden können, wie negative, herrscht bei den Nutzern zwischen 18 und 24 Jahren ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Beiträgen positiven und negativen Sentiments. Ab dem Alter von 25 Jahren überwiegt der Anteil kritischer Beiträge deutlich (11%). Bei den Nutzern ab dem Alter von 35 Jahren ist der Anteil kritischer Beiträge schließlich etwa doppelt so hoch wie der, positiv gestimmter Posts.

Laut einer repräsentativen Umfrage der Körber-Stiftung wissen nur 47% der 14- bis 16-jährigen Schüler, dass Auschwitz-Birkenau ein Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis im Zweiten Weltkrieg war.

Wie damit umzugehen ist? Hier ein interessanter Ansatz von Lehrer Jörg Heeb:

Die Debatte um die Auszeichnung des antisemitischen Liedguts schlägt in Social Media hohe Wellen. Die Beiträge zum Thema generieren ein Engagement von fast 400 Tsd. Interaktionen. Was darf Rap-Musik? Ist das noch Kunst? Was fällt unter Kunst- und Meinungsfreiheit und was ist einfach nur Menschenverachtend? Wir haben ein paar Soundbites für euch gesammelt:


Die Antisemitismusvorwürfe gegen Farid Bang und Kollegah haben scheinbar auch ein „Othering“ der beiden Rapper durch andere deutsche Rap-Kollegen zur Folge. So distanzierte sich die Antilopengang in einem Facebook-Beitrag klar und warnte: „ man sollte beachten, dass es hier längst nicht mehr um HipHop geht, sondern dass Kollegah sich mittlerweile wie ein faschistischer Agitator geriert, der auf seinem Youtubekanal mit enormer Reichweite den Volkszorn gegen die Mächtigen, die Medien und andere Feinde schürt.“

Als Folge des Skandals haben außerdem mehrere Künstler ihre Echo-Preise zurückgegeben, darunter der Dirigent Enoch zu Guttenberg, der Pianist Igor Levit und Rock-Gigant Marius Müller Westernhagen, der alle seine sieben gewonnen Echos zurückgibt - mit der Begründung es schaffe „Platz bei mir zu Hause und in meinem Herzen“.

Es scheint als seien die Tage der Echo-Preisverleihung gezählt… Sänger Peter Maffay fordert die Echo-Verantwortlichen auf Facebook gar zum Rücktritt auf.

TV-Reality-Star und Millionärsgattin Carmen Geiss machte ihrem Ärger über Farid Bang auf Facebook Luft und bezeichnete den Rapper als „Deutsch-Hasser“, der „ein Opfer seiner Vergangenheit“ sei. Ihr Beitrag bescherte ihr neben Fürsprechern auch zahlreiche, extreme Kommentare von Fans der beiden Rapper, darunter auch Morddrohungen, die mittlerweile den Anwalt der Familie auf den Plan gerufen haben. Angestachelt durch diese Entwicklung sah sich ihr Gatte Robert Geiss "genötigt", seiner Frau beizustehen und sein Statement via Social-Media abzugeben. Beide Beiträge führen in dieser Diskussion sicherlich nicht ans Ziel. 

Am gestrigen Dienstag folgte dann die Antwort von Rapper Bushido. Darin wirft er der Geiss-Familie u. a. vor, AfD-Rhetorik zu nutzen.


Diese Debatte wird mit Sicherheit weiter an Spannung gewinnen und, sofern das noch nicht geschehen ist, über Hip Hop hinaus auf einer gesellschaftlichen Ebene ausgetragen werden.

Wir halten euch hier auf dem Laufenden.

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Juliane Gehrke

Pressekontakt Leiterin Marketing & Kommunikation

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