Pressemitteilung -
Aktuelle Aktion Mensch-Umfrage: Große Sorgen und Ängste von Menschen mit Behinderung vor der Bundestagswahl
Mehrheit befürchtet zunehmende Behindertenfeindlichkeit in Deutschland
- Stimmungsbild von Menschen mit Behinderung zeigt: Über zwei Drittel sorgen sich um Bedeutungsverlust von Inklusion auf politischer Ebene
- Befragte sehen Handlungsbedarf bei sozialen Sicherungssystemen, bedarfsgerechten Wohnungen und Arbeitsmarktchancen
- Aktion Mensch appelliert: Sorgen und Ängste müssen als Weckruf verstanden werden, Diskriminierung muss ein Ende finden
Bonn (4. Februar 2025) In etwas mehr als zwei Wochen entscheiden die Bürger*innen in Deutschland darüber, wer sie und ihre Interessen künftig im Bundestag vertreten soll. Dass viele Menschen mit Behinderung im Vorfeld der Wahl beunruhigt auf die kommende Legislaturperiode blicken, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen bundesweiten Online-Umfrage der Sozialorganisation Aktion Mensch.
67 Prozent der Befragten befürchten demnach, dass die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung von Parteien und Politiker*innen als immer unwichtiger erachtet und damit – im Vergleich zu anderen Themen – eher als „Luxus” angesehen werden. Hiermit einher geht bei nahezu zwei Dritteln die Angst, dass ihre Belange nach der Bundestagswahl weniger mitgedacht werden als zuvor. Auch mit Blick auf das gesamtgesellschaftliche Klima zeigt sich: Über die Hälfte der Befragten sorgt sich vor einer Zunahme der Behindertenfeindlichkeit in Deutschland.
„Die Umfrage zeichnet ein erschreckendes Bild. Die geäußerten Sorgen und Ängste von Menschen mit Behinderung müssen von politischen Entscheider*innen als ein Weckruf verstanden werden”, kommentiert Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Bei Inklusion handelt es sich um nichts Geringeres als ein Menschenrecht, zu dem sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention vor 16 Jahren verpflichtet hat. Als Aktion Mensch senden wir damit einen klaren Appell in Richtung Politik, die noch immer vielfach bestehende strukturelle Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und die erheblichen Barrieren im Alltag endlich anzugehen.”
Soziale Gerechtigkeit und Existenzsicherung als zentrale Handlungsfelder
Als die für sie persönlich wichtigsten Themen geben 43 Prozent der befragten Menschen mit Behinderung die Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten sowie 36 Prozent Armut und soziale Ungleichheit an. Diese Priorisierung verwundert nicht – schließlich
unterliegen Menschen mit Behinderung einem hohen Armutsrisiko. Entsprechend sollte sich die nächste Bundesregierung aus ihrer Sicht vor allem für den Erhalt oder Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, etwa die Krankenversicherung oder das Bürgergeld
(47 Prozent), mehr bedarfsgerechte Wohnungen für Menschen mit Behinderung (46 Prozent) und eine Verbesserung der Arbeitsmarktchancen (36 Prozent) einsetzen.
Politische Partizipation und Teilhabe: Enorm hohe Wahlbeteiligung geplant
Bei all den Unsicherheiten rund um Existenzsicherung und Diskriminierung ist es Menschen mit Behinderung umso wichtiger, aktiv mitzuentscheiden, welche Parteien und Politiker*innen sie künftig im Deutschen Bundestag vertreten: Immerhin 94 Prozent der Befragten wollen bei der Bundestagswahl von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Und das ist den meisten laut Umfrage auch möglich – angesprochen auf Hürden und Herausforderungen, die sich ihnen bei der letzten Wahl stellten, geben nahezu zwei Drittel an, keine Hindernisse in Bezug auf die Barrierefreiheit wahrgenommen zu haben. Verbesserungsbedarf besteht der Befragung zufolge dennoch vor allem bei Sitzgelegenheiten für Wartende, dem Erreichen der Wahllokale sowie der Orientierung innerhalb dieser.
Zusatzinformationen und Interviewangebot
- Für die Umfrage zur Bundestagswahl hat die Aktion Mensch in der Zeit vom 2. Januar 2025 bis zum 9. Januar 2025 gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Ipsos bundesweit 376 Menschen mit Beeinträchtigung ab 16 Jahren online befragt. Beteiligt haben sich die Mitglieder der sogenannten Teilhabe-Community, dem ersten Umfrage-Panel im deutschsprachigen Raum, das ausschließlich aus Menschen mit Beeinträchtigung besteht: www.aktion-mensch.de/teilhabe-community.
- Unter www.aktion-mensch.de/barrierefrei-waehlen finden Sie weiterführende Informationen und Services rund um barrierefreies Wählen und die anstehende Bundestagswahl.
- Bildmaterial steht in unserem Pressezentrum unter www.aktion-mensch.de/presse zum Download zur Verfügung.
- Gerne vermitteln wir Ihnen ein Interview mit Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.
Über die UN-Behindertenrechtskonvention
Am 26. März 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Ihr Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Doch die Realität ist stattdessen geprägt von einer strukturellen Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und erheblichen Barrieren im Alltag. Im August 2023 wurde der Stand der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention hierzulande zum zweiten Mal vom UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung geprüft. Deutschland wurde in den „Abschließenden Bemerkungen“ stark für die unzureichende Umsetzung kritisiert.
Themen
Kategorien
Regionen
Über die Aktion Mensch
Die Aktion Mensch ist die größte private Förderorganisation im sozialen Bereich in Deutschland. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 hat sie mehr als fünf Milliarden Euro an soziale Projekte weitergegeben. Ziel der Aktion Mensch ist, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, Kindern und Jugendlichen zu verbessern und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Mit den Einnahmen aus ihrer Lotterie unterstützt die Aktion Mensch jeden Monat bis zu 1.000 Projekte. Möglich machen dies rund vier Millionen Lotterieteilnehmer*innen. Zu den Mitgliedern gehören: ZDF, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Paritätischer Gesamtverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Seit Anfang 2014 ist Rudi Cerne ehrenamtlicher Botschafter der Aktion Mensch www.aktion-mensch.de