Pressemitteilung -
„Skandal“: Psychopharmaka nicht nur bei Appetitlosigkeit - WDSF fordert Schließung des Nürnberger Delfinariums
Seit Jahren überprüft das Hagener Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) die Akten des Tiergarten Nürnberg und der zuständigen Aufsichtsbehörden, um insbesondere die Haltungsbedingungen der Delfine zu kontrollieren. Nach einer aktuellen Akteneinsicht spricht das WDSF von einem Skandal.
Nachdem das WDSF mehrfach festgestellt hatte, dass die Delfine im Tiergarten Nürnberg immer wieder mit dem Psychopharmaka Diazepam (Valium) mit hohem Suchtpotential und dem Antidepressiva Serenin behandelt wurden, wandte sich die Tierschutzorganisation im Frühjahr an die Regierung von Mittelfranken (RvM), die als Höhere Naturschutzbehörde für den Vollzug aller Rechtsgrundlagen des Naturschutzrechts zuständig ist.
Tiergartendirektor Dag Encke und die Tierärztin Katrin Baumgartner hatten mehrfach in der Öffentlichkeit behauptet, dass Psychopharmaka und Antidepressiva nur bei Appetitlosigkeit und beim Transport der Tiere verabreicht würden.
Dies stellt sich nach Angaben des WDSF aufgrund einer Akteneinsicht bei der Regierung von Mittelfranken allerdings ganz anders dar. In den im Mai 2015 dem WDSF übermittelten Akten heißt es in einer Medikamentenbestellung in den USA für 1920 Kapseln Serenin für die Tierart Meeressäuger durch die Tierärztin Baumgartner als Begründung: „Dämpfung von Angst und Aggression“.
In einer fachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) im Auftrag der RvM heißt es in den Akten: „Ein Schwerpunkt der Kontrolle war das Delfinarium. Wegen Vorwürfen des Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF), die Tiere würden dauerhaft medikamentös ruhig gestellt, erfolgte hier zusätzlich zur tierschutzrechtlichen auch eine arzneimittelrechtliche Kontrolle.“
Als Ergebnis der Kontrolle fasst das LGL zusammen: „Wir sind der Meinung, dass die Tiere (Anm.: Delfine) nicht wie angegeben Diazepam ausschließlich zur Appetitanregung verabreicht bekamen.“ Es wurde festgestellt, dass die betreffenden Medikamente bei den Delfinen Arnie und Joker über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr fast durchgängig verabreicht wurden, ohne dass sich Erkrankungen aus den Behandlungsblättern ergeben hätten. „Es ist demnach davon auszugehen, dass das Arzneimittel zur Behandlung von Angstzuständen oder Aggressionen eingesetzt worden ist“, schreibt das LGL. Auch bei den Delfinen Sunny und Jenny sei Diazepam zur Beeinflussung von Verhaltensproblemen eingesetzt worden.
Das WDSF kritisiert ebenso, dass die Delfinmutter Sunny noch ab November letzten Jahres unmittelbar nach der Geburt des Delfinkalbs Nami nach Aktenlage Diazepam verhaltensregulierend erhalten hat, zumal das Psychopharmaka nach Herstellerangaben durch die Muttermilch übertragen wird.
Des Weiteren beanstandete das LGL, dass der Tiergarten „keine eigenen Aufzeichnungen über den Verbleib, den Dosierungswechsel und das endgültige Absetzen von Arzneimitteln führt“ und sieht darin eine „mögliche Ahndung als Ordnungswidrigkeit gemäß der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV)“.
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: „Vom Tiergarten wurde stetig behauptet, dass Psychopharmaka nur als Appetitanreger bei den Delfinen eingesetzt würden. Damit sind Encke und Baumgartner der Lüge überführt. Das Ganze ist ein Skandal und die Aufsichtsbehörden lassen den Tiergarten gewähren, ohne dass bisher Maßnahmen ergriffen oder von Seiten der Stadt Konsequenzen gegenüber den beiden Verantwortlichen gezogen worden sind.“ Das WDSF fordert die umgehende Einstellung der Delfinzucht und den Entzug der Betriebsgenehmigung für das Nürnberger Delfinarium.
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