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Fliehen oder gefahren werden? Was heute alles Mobilität ist

Mobilität kann heute vieles heißen. Die Themen könnten unterschiedlicher nicht sein. Mehrere Teilaspekte haben das Potential, unser Verständnis von Mobilität grundlegend zu verändern:

  • die internationale Mobilität, die unter politischen Vorzeichen verläuft, vor allem die Suche nach Asyl;
  • die weltweit stark investitionsbedürftige Infrastruktur, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Raum (ausgebaute Straßen und Bahnnetze, umweltfreundliche Autos);
  • Konsum- und Lifestyle-Fragen an der Schnittstelle zwischen Technologie und Werten, zum Beispiel das Thema autonomes Fahren.

Gehört das alles zusammen? Auf welche Trends müssen Unternehme zuerst eingehen? Welche Diskurse und welche Formen von Mobilität lassen sich wie beeinflussen?

Was verstehen wir überhaupt unter Mobilität?

Mobilität ist die räumliche Beweglichkeit von Menschen, sei es der zurückgelegte Arbeits- oder Freizeitweg innerhalb eines Staates, sei es die Migration zwischen Staaten. Mobilität in diesem Sinne umfasst also die Migration, da Beweglichkeit eben nicht an Staatsgrenzen gebunden ist. Mobilität ist sowohl die Fähigkeit als auch der Wille zur Beweglichkeit. Sie ist das gesellschaftliche Phänomen der ortsbezogenen, gewollten Bewegung.

Grenzüberschreitende Mobilität: Migration

In der aktuellen Diskussion zur grenzüberschreitenden Mobilität stehen Asylsuchende und Flüchtlinge im Mittelpunkt. Migration findet nicht nur aus politischen oder wirtschaftlichen, sondern immer häufiger auch aus ökologischen Gründen statt, wobei Umweltflucht sich meist mit anderen Fluchtgründen überschneidet. Migration aus beruflichen Gründen, die „Arbeitnehmerfreizügigkeit“, gehört ebenso dazu.

Verschiedene Formen der Mobilität werden ganz unterschiedlich konnotiert – manche sehr positiv, manche negativ. Arbeitnehmerfreizügigkeit wird unter „Fachkräftemangel“ verbucht und soll diesen ausgleichen. Sie ist also für viele etwas Positives. Asylbewerber und Flüchtlinge werden dagegen von vielen erst einmal als Last oder Bedrohung verstanden, vielleicht gerade weil sie nicht so leicht unter das Thema „Fachkräftemangel“ zu subsumieren sind. Das deutsche Ausländerrecht – ohne Einwanderungsgesetz – kennt über die altbekannten Kategorien EU-Freizügigkeit, Aussiedler, Asylant und Familiennachzug bisher fast keine weiteren legitimen Migrationsgründe. Zuzügler werden also entweder nach moralischen oder nach ökonomischen Maßstäben bewertet. Die Debatte über Migration nimmt bedenkliche Züge an, wenn Menschen überhaupt nicht mehr als Menschen betrachtet werden, sondern nur nach als Beispiele für eine bestimmte Kategorie, und wenn sie nur unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit gesehen werden.

Die Mobilität in Deutschland

Innerhalb Deustchlands wird weniger über Mobilitätsgründe als über Mobilitätsformen gesprochen. Dominiert wird das Thema vom „Individualverkehr“, und erstaunlicherweise steht hier inzwischen die Freizeit im Vordergrund. Die Broschüre „Verkehr auf einen Blick“ des Statistischen Bundesamts zeigt, dass der „motorisierte Individualverkehr“, also hauptsächlich der PKW, weiterhin den weitaus größten Anteil ausmacht, sowohl am Anteil an Wegen prozentual (55 %) als auch an der Beförderungsleistung (76 %). Zum Vergleich: Die Bahn kommt nur für 2 % der Wege und 7 % der Beförderungsleistung auf, der ÖPNV auf 9 und 7 %.

Der größte Anteil des Verkehrsaufkommens dient der Gestaltung der Freizeit. 40 % des Verkehrs entfallen auf sie, nur 37 % auf Arbeit, Ausbildung oder dienstliche Zwecke. Dieser Anteil wird in Zukunft stabil bleiben, denn neue Arbeitsmodelle wie New Work erfordern eine erhöhte Mobilität und Arbeitgeber fordern von Angestellten und Bewerbern Mobilität, wie es die Süddeutsche am Beispiel von Akademikern darstellt. Auffällig: Gesteigerte Mobilität dient weniger dem beruflichen und sozialen Aufstieg als der Vermeidung eines Abstiegs.

Ohne Infrastruktur kein Verkehr

Das große Infrastruktur-Thema ist Privatisierung; die Frage der Trägerschaft wird in Zeiten klammer Kassen, schwarzer Nullen und neudefinierter staatlicher Aufgaben akut, zumal es Nachholbedarf gibt (Beispiele liefern das Handelsblatt, Die Zeit, tagesschau.de und Der Spiegel.)

Das Konzept der öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP), wie es sie vor allem in Großbritannien seit Längerem gibt, wird von vielen Wirtschaftsvertretern sehr positiv aufgenommen, vom Handelsblatt gar „revolutionär“ genannt, aber vom Bundesrechnungshof kritisiert. Ein Gutachten bezeichnet bisherige ÖPP-Projekte als weniger effizient und teurer als rein öffentliche Projekte.

SUV versus E-Auto

Bei den Autoherstellern geht die Schere zwischen SUV- und Öko-Trend immer weiter auseinander. Die „sportlichen Geländewagen“ bauen ihre Marktposition deutlich aus. Deutsche Unternehmen haben auch den amerikanischen Markt im Visier.

Am anderen Ende der Emissions- und der Beliebtheits-Skala stehen die E-Autos. Anfang 2014 waren gerade einmal 12.156 von ihnen zugelassen. Ihr Anteil am Gesamt-PKW-Bestand: magere 0,028 %, laut Kraftfahrt-Bundesamt. Das Ziel der Bundesregierung, 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu haben, dürfte schwierig zu realisieren sein.

Die Zahlen zeigen: Es gibt momentan nicht den einen großen Trend hin zu grünem, sauberem Fahren. Denn auch Elektroautos sind nicht unbedingt grün: Sie stoßen zwar kein CO2 aus, aber wie ihr Strom hergestellt wird, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Das selbstfahrende Auto der Zukunft

Größere Chancen hat das noch viel gewagtere Konzept: das autonome Auto. Hindernisse sind eher rechtlicher und wirtschaftlicher Natur als technologischer. Google hat seit 2012 in drei US-Bundesstaaten mehrere autonome Fahrzeuge auf den Straßen. Laut Konzern-Angaben fahren sie bisher unfallfrei. Bisher müssen allerdings zwei Personen im Fahrzeug sitzen, die notfalls eingreifen könnten. Die komplett autonom fahrenden Autos dürfen bisher nicht auf öffentliche Straßen. Sie fahren nur auf Teststrecken oder Privatgeländen.

In Deutschland ist die Situation kompliziert. Generell sind auf Straßen keine autonomen Autos erlaubt: Die Wiener Straßenverkehrskonvention schreibt vor, dass ein Fahrer jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug haben muss. Ausnahmen sind nur zu Testzwecken erlaubt. Das Verkehrsministerium arbeitet aber an neuen Regeln für selbstfahrende Autos. Die unklare Rechtslage wirkt sich auf den R&D-Bereich in Deutschland aus.

Außerdem gibt es noch keine Versicherungen für autonome Fahrzeuge. Die sind wichtig – aber die normalen Versicherungsfragen sind schwer zu beantworten: Wer trägt bei einem Unfall die Verantwortung? Der Hersteller? Dürfen wir einem Computer überhaupt Entscheidungen in Notsituationen überlassen? Die FAZ nimmt hierzu Stellung.

Ein Ausblick

Sind selbstfahrende Autos ein Luxusproblem, verglichen mit der Flucht von Menschen, die um ihr Überleben kämpfen müssen? Oder sind beide auf der Suche nach einer sicheren, angenehmen Welt?

Zur Mobilität gehören zentrale Handlungsfelder unserer Gesellschaft. Viele Trendthemen auf diesem Feld sind umstritten, von der Privatisierung der Infrastruktur bis hin zur Aufnahme von Flüchtlingen. Kein Trend ist unumkehrbar, jeder bleibt gestaltbar. Deshalb ist die Bewertung scheinbar alternativloser Trends unerlässlich.

NIMIRUM trägt hierzu bei. Wir recherchieren zu Trendthemen, Märkten und Branchen für Agenturen und Unternehmen. Ihre Ansprechpartnerin für strategische und individuelle Projekte ist die Inhaberin von NIMIRUM, Anja Mutschler. Sie erreichen sie hier oder direkt per Telefon unter +49 (341) 580 680 73.

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